Olympische Spiele im Ruhrgebiet? Das ist für Gladbecker Sportbegeisterte eine reizvolle Vorstellung. Der Tenor der Emnid-Umfrage, den die WAZ in Auftrag gegeben hatte, findet sich auch in den Aussagen unserer Umfrage wieder. Allerdings wissen die Sportexperten eins jetzt schon sicher: Als Austragungsort für eine olympische Disziplin gäbe es in Gladbeck keine geeignete Sportstätte.
Der Sportdezernent glaubt, dass das Revier das kann
Rainer Weichelt, Sportdezernent der Stadt: „Olympische Spiele im Ruhrgebiet – das passt. Schließlich sind die Menschen hier so sportbegeistert wie in kaum einer anderen Region Deutschlands. Das kann man an jedem Bundesliga-Wochenende und zuletzt auch beim Vivawest-Marathon sehen. Mit den Ruhr Games haben wir bereits gezeigt, dass wir sportliche Großveranstaltungen können.“
Allerdings, so der Sportdezernent, müsse die Infrastruktur in der Region, „gerade was den Verkehrsbereich angeht“, verbessert werden. Ein weiterer positive Aspekt eines solchen Großereignisses läge zudem im Imagegewinn. „Für das Image des Reviers wären die Spiele eine gute Chance, sich Besuchern und Athleten aus aller Welt als moderne und gastfreundliche Metropole zu präsentieren, in der man gut leben und arbeiten kann“, sagt Weichelt.
Die Sportlerin und einstige Teilnehmerin der Spiele 1984 in LA würde die Bewerbung begrüßen
Dem kann die ehemalige Olympionikin (Schwimmen) Sandra Steiger nur zustimmen. „Wenn das klappen würde, wäre es super und ein tolles Ereignis für die Region“, sagt die Teilnehmerin der Olympischen Spiele 1984 in Los Angeles. Für die Umfrage erreichen wir sie in Berlin, wo sieben Mitglieder der VfL-Schwimmabteilung, darunter natürlich Tochter Jessica Steiger, ab Donnerstag an den Deutschen Meisterschaften teilnehmen. „Wir haben hier eine Menge drauf“, ist Sandra Steiger auch deshalb überzeugt. Aus eigener Erfahrung kann sie zudem bestätigen, dass ein solches internationales Sportereignis „viele Menschen aus vielen Nationen zusammen bringt.“
Der Schüler: Toll, wenn die Spiele vor der Haustür wären und man hingehen könnte
Eben das findet auch Jan Maier (15) spannend an der Idee einer Olympiade im Ruhrgebiet. „Man könnte andere Kulturen kennenlernen, die dann hierher kommen“, sagt der Schüler, der gerade selbst über den heimischen Tellerrand geschnuppert und ein Jahr in den USA verbracht hat.
Ein solches Event könnte seiner Meinung nach auch den Blick öffnen für andere Sportarten. „Wir sind hier doch sehr auf Fußball fokussiert“, sagt er, selbst ein passionierter Fußballer. Falls die Spiele ins Revier kämen, wäre Jan 31 Jahre alt: „Toll, wenn die Spiele direkt vor der Haustür stattfänden und man hingehen könnte“.
Der Vereinschef fragt: „Muss man die Spiele hier haben?“
Siegbert Busch, Vorsitzender des mitgliederstärksten Sportvereins VfL und mit ganzer Seele Sportler, sieht die Idee einer Bewerbung für die Olympischen Spiele mit gemischten Gefühlen: „Auf der einen Seite wäre es natürlich gut, auf der anderen aber würde es einen materiellen Rahmen bedeuten, der kaum vertretbar ist. Es müssten viele Sportstätten neu gebaut werden.“ Die Folgen in anderen Ländern, wie beispielsweise in Brasilien, wo die eigens für die Spiele errichteten Stadien und Sportstätten jetzt ungenutzt verrotten, seien jedoch abschreckend. Auch hierzulande müsste sich diese Frage stellen, denn Leistungsspitzensport werde zunehmend in eigens dafür angelegten Sportzentren gefördert, die großen Sportvereine wie auch der VfL werden sich künftig stärker auf den Breiten- und Rehasport konzentrieren. Olympiafähige Stadien werden dafür nicht gebraucht.
„Muss man die Spiele hier haben?“ fragt der erfahrene Sportmanager daher nachdenklich. Und könnte das Ruhrgebiet ein solch kostspieliges Ereignis überhaupt stemmen? „Deutschland ist ein reiches Land, das Ruhrgebiet aber ist arm“, sagt Busch. Wenn der Bund keine Unterstützung leiste, könnte „eine Erwartungshaltung, die mit einer Bewerbung aufgebaut wird, ins Leere laufen.“
Quelle: waz.de – Maria Lüning | Foto: Hans Blossey